Statisches vs. dynamisches Dehnen

Im Jahr 2009  habe ich als Abschlussarbeit meines Studiums eine Bachelorarbeit zum Thema "Auswirkung statischer sowie dynamischer Dehnungen vor sportlicher Aktivität auf die Leistungsfähigkeit - eine Literaturrecherche" verfasst. Auf diese Weise habe ich mich mit dem Thema Dehnung intensiv auseinandergesetzt. Die gesammelten Studien stammen aus den führenden internationalen Datenbänken!

Zur Erklärung:

statisches Dehnen: eine gehaltene, permanente Dehnung. Ursprung und Ansatz des Muskels werden voneinander entfernt bis Zug entsteht und die Endposition dann mehrere Sekunden bis Minuten gehalten.

dynamisches Dehnen: Nachdem der Muskel in den Endbereich seiner Dehnbarkeit gebracht worden ist, wird durch rhythmisch wippende Bewegungen in Richtung der Dehnung versucht, den Bewegungsumfang zu erweitern.

Folgende vier Hypothesen konnte ich verifizieren bzw. nicht verifizieren:

1. Statische Dehnungen limitieren die Leistungsfähigkeit, wenn Schnell-, Reaktiv- und Maximalkraft gefordert sind und wirken sich ebenfalls negativ auf die Ausdauerleistung aus.

2. Bezüglich Schnell- und Maximalkraft haben dynamische Dehnungen keine negativen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Athleten.

3. Dynamische Dehnungen können negativen Einfluss auf die Ausdauerleistung des Athleten haben, da sich bei Ausdauerdisziplinen eine zu hohe Beweglichkeit leistungslimitierend auswirken kann und dynamisches Dehnen eine reduzierte Beweglichkeit erweitern kann.

4. Dynamisches Dehnen kann die Leistungsfähigkeit des Athleten steigern,  da maximales Drehmoment und Sprungkraft erhöht werden können.

Wenn also wie beispielsweise beim Fussball Schnellkraft gefordert ist, haben statische Dehnungen einen negativen Einfluss. Sprunghöhen werden dadurch reduziert, die Sprintzeit erhöht sich! Die positiven Wirkungen eines "Warmlaufens" können z.B in Bezug auf die Sprungkraft wieder rückgängig gemacht werden. Und zwar in Größenordnungen, die im Leistungssport ausschlaggebend sein können!

Im Gegensatz dazu wirken sich dynamische Dehnungsübungen kurz vor sportlicher Maximal- und Schnellkraftleistung nicht negativ aus, in vielen Studien sogar positiv.

Empfehlung für die Praxis

Dehnung vor Maximal- und Schnellkraftanforderung:

Generell ist es empfehlenswert, einem Dehnprogramm ein allgemeines Aufwärmen vorzuschalten. Wenn Dehnungen durchgeführt werden, sollten diese nur kurz gehalten werden. Allerdings ist im Gegensatz zu dynamischen Dehnungen von statischen Dehnungen aufgrund der relativ eindeutigen Befundlage abzuraten, da es hierdurch zu Leistungsminderungen über längere Zeit kommt. Wenn doch statisch gedehnt wird, sollte das Halten der Endposition unter fünf Sekunden sein. Nach diesen Dehnungen sollten Schnellkraftübungen wie zum Beispiel Sprint durchgeführt werden, um die Leistungseinbußen wieder zu kompensieren.

Im Allgemeinen gilt, dass das Ziel der strukturellen Verlängerung am effektivsten erreicht wird, indem der Sportler dynamisch von der Spannungsschwelle aus Bewegungen weiter Richtung Endposition ausführt. Dabei sollte er kurz in die Schmerzzone vordringen, um daraufhin sofort wieder zur Spannungsschwelle zurückzubewegen. Die Bewegungen sollten langsam ausgeführt werden und es sollten im Sportbereich eins bis zwei Serien mit 15 – 25 Schmerz – Intensitätswellen angewendet werden. Wird das Ziel der Verbesserung des Stoffwechsels und des Weichmachens des Gewebes verfolgt, sollten dynamisch intermittierend von der ersten Position des Widerstandes aus sanfte Bewegungen über diese Grenze hinaus durchgeführt werden. Hierbei sind für Sportler 8 bis 15 Wiederholungen in eins bis zwei Serien sinnvoll

Dehnungen vor Anforderungen an die Ausdauerleistungsfähigkeit:

In diesem Bereich sollten keine Dehnungen durchgeführt werden, wenn die Ausdauerdisziplin nicht zusätzlich hohe Anforderungen an die Beweglichkeit stellt. Durch Dehnungen wird die potentielle Energie im plastisch verformten Gewebe minimiert, die Rückstellkräfte werden geringer. (Vergleich: ein gespanntes Gummiband hat hohe Rückstellkräfte, ein schlaffes, lockeres Band hat geringe Rückstellkräfte - ähnlich verhält es sich mit dem Muskel)

 

Die teilweise immer noch bestehende generelle Kritik an der dynamischen Variante der Dehnung ist nicht mehr zu halten!!

Für Erklärungen zu diesem Thema können Sie gerne Kontakt mit mir aufnehmen.